Brief an Gesundheitsminister und rechtliche Schritte gegen KV

Rat kritisiert Kassenärztliche Vereinigung scharf und beschließt einstimmig, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um eine bessere Lösung für Notdienstpraxen zu finden

Einhellige Empörung durchzog die Debatte im Rat der Stadt zur Entscheidung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, die Ratinger Notdienstpraxen an der Mülheimer Straße zum 30. November zu schließen. Der Rat beschloss einstimmig, sich mit der beschlossenen Verlagerung der medizinischen Notdienstversorgung von Ratingen nach Mettmann nicht abzufinden. Rat und Verwaltung wollen alle Mittel ausschöpfen, um bei den Verantwortungsträgern eine Verbesserung der Versorgung für Ratinger Patientinnen und Patienten zu erreichen.

Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger waren in die Ratssitzung gekommen. Auch sie wollten aus erster Hand hören, welche Gründe die KV Nordrhein zu ihrer Schließungsentscheidung bewogen haben. Doch der KV-Vorstand hatte die Einladung zur Teilnahme an der Ratssitzung ignoriert, ebenso wie sämtliche Schreiben der Verwaltungsspitze mit der Bitte um nähere Aufklärung.

Denn weder die Stadt Ratingen noch der Kreis Mettmann oder die ebenfalls stark betroffene Stadt Langenfeld waren in den Entscheidungsprozess eingebunden, alle wurden vielmehr vor vollendete Tatsachen gestellt. Dabei war im vorigen Jahr, als die KV bereits einmal einen Vorstoß zur Schließung der Ratinger Notdienstpraxen unternommen hatte, unter der Moderation des NRW-Gesundheitsministeriums das Gegenteil vereinbart worden. Erst sollten Daten und Zahlen zu Besucherströmen, Fahrzeiten etc. erhoben werden und auf der Grundlage der daraus folgenden datenbasierten Analyse sollte dann gemeinschaftlich eine Lösung für eine adäquate medizinische Notdienstversorgung in Ratingen und dem Kreis Mettmann entwickelt werden. Bis heute liegen der Stadt jedoch nicht einmal die erhobenen Zahlen vor. Daher wurde nicht nur die Schließungsentscheidung als solche, sondern auch die intransparente Vorgehensweise der KV einhellig kritisiert.

Der Erste Beigeordnete und gewählte neue Bürgermeister Patrick Anders berichtete dem Rat, dass er und Bürgermeister Klaus Pesch seit Mitte 2024 zahlreiche intensive Gespräche geführt haben mit dem Ziel, die Ratinger Notdienstpraxen zu erhalten oder mindestens – als Plan B – eine andere für die Ratingerinnen und Ratinger akzeptable Lösung zu finden und der KV Nordrhein vorzuschlagen. 

Denn es war von vornherein klar, dass der Erhalt der Ratinger Praxen schwierig werden könnte. Hintergrund: Sowohl die Kassenärztlichen Vereinigungen als auch die Gesundheitsministerien bevorzugen das Prinzip der so genannten Portalpraxen, die zwar kassenärztlich betrieben, aber in oder an Krankenhäusern angesiedelt sind, damit Patienten je nach Art und Schweregrad der Diagnose auf kürzestem Weg die geeignete Behandlung erhalten können. Der Betrieb von Notdienstpraxen als Portalpraxen ist zwar nicht rechtlich zwingend, aber doch ein fachliches Prinzip, von dem selten abgewichen wird. Nach der Schließung des St.-Marien-Krankenhauses war Ratingen eine Ausnahme im Gebiet der KV Nordrhein.

Für den Fall, dass diese Ausnahme nicht dauerhaft zu halten sein würde, hatten Anders und Pesch frühzeitig alternative Kompromisslösungen sondiert, die für Ratingen tragbar sein könnten. Eine solche Lösung könnten beispielsweise Portalpraxen am Augusta-Krankenhaus in Düsseldorf-Oberrath oder am Florence-Nightingale-Krankenhaus in Kaiserswerth sein. Beide Standorte wären verkehrlich deutlich besser an Ratingen angebunden als das EVK Mettmann. „Beide Häuser waren sehr interessiert“, sagte Anders, „denn der Düsseldorfer Norden bräuchte dringend ebenfalls eine Notdienstpraxis. Da es die nicht gibt, weichen die Patientinnen und Patienten auf die Notfallambulanzen der genannten Krankenhäuser aus, die regelmäßig überfüllt sind.“

Doch auch mit den Düsseldorfer Kliniken wollte die KV Nordrhein nicht über mögliche Lösungen sprechen. „Wir haben deshalb nicht den Eindruck, dass hier im Sinne der Patientinnen und Patienten gehandelt wird“, fasste Patrick Anders die Kritik des Rates zusammen.

Beschlossen wurde, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um doch noch eine bessere Notdienst-Lösung für Ratingen zu erreichen. Ein Schreiben an NRW-Gesundheitsminister Laumann wurde bereits versandt. Die Stadtspitze bittet darin um Unterstützung, auch dabei, endlich Einblick in das ermittelte Zahlenmaterial zu erhalten. Außerdem soll der Schulterschluss mit der Stadt Düsseldorf gesucht werden, die ebenfalls unterversorgt ist mit Notdienstkapazitäten. Schließlich wird die Stadt sämtliche rechtlichen Möglichkeiten prüfen, um gegen die Entscheidung der KV vorzugehen.

Pressemitteilung vom 28. Oktober 2025

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