In einer Sonder-Ratssitzung am 17. Dezember 2005 wurden dem Ratinger Mäzen Ferdinand Trimborn die Ehrenbürgerrechte der Stadt Ratingen verliehen. Bürgermeister Harald Birkenkamp hielt zu diesem feierlichen Anlass die Laudatio:
Sehr geehrter Herr Trimborn, sehr geehrte Frau Trimborn,
ich darf Sie sehr herzlich zu unserer feierlichen Ratssitzung begrüßen, in der Ihnen, lieber Herr Trimborn, die Ehrenbürgerwürde der Stadt Ratingen verliehen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
wir sind heute zusammengekommen, um einen Mann zu ehren, der sich seit vielen Jahren durch seinen herausragenden Gemeinsinn auszeichnet. Es ist dies nicht die erste bedeutende Ehrung, die ihm zuteil wird. Ferdinand Trimborn ist Träger des Bundesverdienstkreuzes und des Ehrenrings der Stadt Ratingen. Nun hat ihm der Rat der Stadt die Ehrenbürgerwürde verliehen. Dies ist die höchste Auszeichnung, die der Rat zu vergeben hat – und doch ist sie nur ein kleines Zeichen unserer Anerkennung für die großen Verdienste, die sich Herr Trimborn für das Gemeinwesen unserer Stadt erworben hat.
„Ein Mäzen will nichts haben. Er gibt nur.“ Das ist die Haltung, die Ferdinand Trimborn kennzeichnet. Unzählige Bürger unserer Stadt profitieren davon:
Patienten, die in den Ratinger Krankenhäusern und in der für unsere Stadt wichtigen Kardiologie des Augusta-Krankenhauses in Düsseldorf-Rath mit modernstem medizinischem Gerät untersucht und behandelt werden;
die Kirchen;
alle, die am kulturellen Leben unserer Stadt teilhaben und sich an Kunst im öffentlichen Raum erfreuen.
Und vor allem junge Musiker aus Ratingen und Umgebung.
Meine Damen und Herren, ich möchte behaupten, dass nur die wenigsten unter uns auch nur eine Ahnung von der Großzügigkeit haben, mit der Ferdinand Trimborn diese wichtigen Bereiche unseres kommunalen Lebens fördert. Ich möchte es bei dieser Andeutung belassen, denn der Mann, den wir heute ehren, übt seinen Gemeinsinn in großer Zurückhaltung aus. Er sucht das Licht der Öffentlichkeit nicht.
Heute wird er allerdings aus dem Hintergrund hervortreten müssen. Der Anlass bringt es mit sich, dass ich Ihnen unseren neuen Ehrenbürger etwas näher vorstelle.
Ferdinand Trimborn wurde 1921 in ein sehr musikalisches Elternhaus in Duisburg-Kaiserberg hineingeboren. Als kleiner Junge beneidete er seine älteren Geschwister, die beide ein oder mehrere Instrumente spielten. Ferdinand konnte noch nicht an der Hausmusik teilnehmen, weil ihn seine Eltern noch als zu jung ansahen.
Doch eines Tages, als er von der Schule nach Hause kam, fand er die sonst immer verschlossene Geige seines Bruders offen auf dem Tisch liegen. Er nutzte die Gelegenheit und versuchte sofort, dem Instrument ein paar Töne zu entlocken. Sein Vater überraschte ihn dabei und erkannte sofort, was sein Sohn brauchte: Musikunterricht. Schon am nächsten Tag hatte er seine erste Geigenstunde.
In diesen Jahren entdeckte Ferdinand Trimborn die Liebe zur Musik und erfuhr, wie erfüllend und fruchtbar die frühe Förderung einer solchen Neigung sein kann. Nicht nur deshalb erinnert er sich gern an sein strenges, aber auch sehr liebevolles Elternhaus. Er entwickelte auch andere Wertvorstellungen, die sein Leben prägen sollten. Eine Begebenheit hat er bis heute lebhaft im Gedächtnis behalten. Zu seinem sechsten Geburtstag bekam er ein wertvolles Geschenk: Schokolade. Zur großen Freude seiner Eltern teilte er sie mit den Kindern, mit denen er seinen Geburtstag feierte.
Sein Vater Josef war als Buchhalter bei der damaligen Reichsbank tätig, seine Mutter widmete sich – wie damals üblich – ausschließlich der Familie. Während der Wirtschaftskrise 1929/1930 wurde sein Vater vorübergehend arbeitslos. Das Haushaltsgeld wurde knapp, es reichte nicht mehr, um Ferdinand den Besuch des Gymnasiums zu ermöglichen. Deshalb trat er nach der Volksschule eine kaufmännische Lehre bei der Firma Kalthoff und Brauckmann in Duisburg an, einer Metallgießerei und Armaturenfabrik. Für zehn Reichsmark brutto arbeitete er 49 bis 60 Stunden in der Woche, bei einer Woche Urlaub im Jahr. Trotzdem machte ihm die Ausbildung viel Freude, wie Ferdinand Trimborn versichert.
Nach Abschluss seiner Lehre 1939 wechselte er zur Firma Halfen nach Düsseldorf, bald wurde er als Soldat eingezogen, er geriet in Kriegsgefangenschaft in England. Während dieser schweren Zeit schöpfte Ferdinand Trimborn Kraft und Zuversicht aus der Musik. Sie war ihm eine stete Begleiterin.
1948 kehrte er aus der Kriegsgefangenschaft nach Düsseldorf zurück. Er wurde in seiner alten Firma wieder eingestellt – als Eisen-Entroster. Es gab viel zu tun. Oft arbeitete Ferdinand Trimborn bis tief in den Abend hinein. 1949, nach dem Tod seines Chefs, wurde die Firma von holländischen Unternehmern übernommen, die Ferdinand Trimborn nicht für ausreichend sachkundig hielt.
Er beschloss, sich selbständig zu machen, bereitete diesen Schritt aber sehr gründlich vor. Er besuchte die technische Akademie und die kaufmännisch-technische Abendschule in Düsseldorf und stieg schon 1950 in seiner alten Firma zum Betriebsleiter auf. Seine Frau Irmgard, die er 1951 heiratete, musste in den ersten Jahren ihrer Ehe oft auf ihn warten.
1957 war es endlich so weit. Am 15. September gründete Ferdinand Trimborn seine eigene Firma. Schon eine Woche später erschienen die ersten Prospekte für sein bahnbrechendes Produkt: die Trimborn-Ankerschienen. Die Qualität dieser Schienen sprach sich in der Fachwelt in Windeseile herum.
Schon Ende 1957 bekam die Firma einen Auftrag der Bayer-Werke Leverkusen. Der Pferdefuß: Er musste sehr schnell abgewickelt werden. Dieser Auftrag brachte den Durchbruch für Ferdinand Trimborns Unternehmen. Freilich wurde er mit harter Arbeit erkauft. Jeden Morgen ab sechs Uhr stand der Chef selbst an den Stanzen seines Betriebs an der Sandstraße in Ratingen.
Die Firma expandierte. Erst wurde am angestammten Standort eine 1500 Quadratmeter große Halle gebaut, später bezog das Unternehmen eine Bürohaus und eine 4000 Quadratmeter große Fertigungshalle an der Boschstraße.
Der große berufliche Erfolg veränderte das Leben der Eheleute Trimborn indes nicht wesentlich. Sie führten ein normales bürgerliches Leben, hatten inzwischen aber auch die Zeit, Wanderurlaube in den Alpen zu verbringen oder Golf zu spielen. Die Ehe blieb kinderlos, ein Umstand, der sein Bedürfnis, soziale Belange zu fördern, noch verstärkte.
Und nach wie vor behielt die Musik ihren wichtigen Platz im Leben von Ferdinand Trimborn. Er musizierte in einem kleinen Orchester, das zum Beispiel kostenlos in Krankenhäusern auftrat, um den Patienten eine Freude zu machen.
In den frühen 70er Jahren geriet die Wirtschaft nach den Aufbruchjahren des Wiederaufbaus in eine Phase der Stagnation. Die Inflation und die Arbeitslosigkeit stiegen, manches Unternehmen geriet in die Krise. Auch die Firma Trimborn Ankerschienen blieb nicht davon verschont. Schweren Herzens entschloss sich Ferdinand Trimborn 1975, seinen Betrieb zu verkaufen.
Jetzt, da er mehr Zeit hatte, rückte sein ohnehin schon ausgeprägter Gemeinsinn zunehmend in den Mittelpunkt seines Lebens. Überall in Ratingen – der Stadt, die Ferdinand Trimborn in den letzten Jahrzehnten zur Heimat geworden ist – sind die vielfältigen Früchte dieses Gemeinsinns sichtbar.
Vor allem sind sie aber hörbar. Und zwar immer dann, wenn hoffnungsvolle Nachwuchsmusiker im Wettbewerb um einen der beiden Förderpreise aufspielen, die Ferdinand Trimborn 1999 gestiftet hat. Junge Menschen aus Ratingen, dem Kreis Mettmann und aus ganz Nordrhein-Westfalen erhalten durch die großzügig dotierten Förderpreise Jahr für Jahr einen besonderen Ansporn, ihr Talent weiter zu entwickeln. Sie profitieren damit unmittelbar von den wertvollen Erfahrungen, die Ferdinand Trimborn selbst in seiner Kindheit sammeln konnte.
Ganz besonders hervorheben möchte ich aber ein aktuelles Projekt, das der neue Ehrenbürger unserer Stadt mit beispielloser Großzügigkeit fördert: die Einrichtung des Kammermusiksaales in der städtischen Musikschule an der Poststraße. Tausende Kinder und Jugendliche aus unserer Stadt werden hier in den nächsten Jahren die Gelegenheit erhalten, ihr musikalisches Können in einer Veranstaltungsstätte zu zeigen, die höchsten Ansprüchen genügt.
In wenigen Wochen werden wir die große Freude haben, den neuen Trimborn-Saal einzuweihen. Hauptakteure werden Schüler unserer Musikschule sein – ganz im Geiste der Idee, die diesem großartigen Beispiel bürgerschaftlichen Engagements zugrunde liegt: der kulturellen Jugendförderung.
Sehr geehrter Herr Trimborn, Sie haben Ratingen unschätzbar viel gegeben. Ich verneige mich vor Ihrer Lebensleistung zum Wohle unserer Stadt.
Ferdinand Trimborn verstarb am 30. September 2008 im Alter von 87 Jahren.
Hintergrund
Nach der Satzung über Ehrungen können Persönlichkeiten, die sich um die Stadt Ratingen in besonders hervorragendem Maße verdient gemacht haben, zu Ehrenbürgern bzw. Ehrenbürgerinnen ernannt werden. Besonders hervorragende Verdienste um die Stadt Ratingen liegen vor, wenn jemand durch besonders hervorragende Leistungen oder ein ganzes Lebenswerk im Bereich des kommunalpolitischen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen oder wissenschaftlichen Lebens in besonders hervorragender Weise der Stadt Ratingen und ihrer Einwohnerschaft gedient hat oder mit ihr verbunden ist.
Die Ehrenbürgerschaft wird an höchstens drei lebende Trägerinnen oder Träger verliehen.